Wolfgang - und andere Gäste

v.l.: Dieter, Kerstin, Christa, Hans-Jürgen, Wolfgang
v.l.: Dieter, Kerstin, Christa, Hans-Jürgen, Wolfgang

Köllnische Heide - Rudow (18 km)

 

Ich melde mich nochmal! Wolfgang ist gerade von Christa aus zu Fuß zu seinem naheliegenden Hotel losmarschiert. Damit er den Weg bis dahin noch schafft, bekam er von Dieter noch zwei Single Malt Whiskey zur Stärkung "verpasst", jetzt müsste es morgen eigentlich klappen.


Heute war es für ihn nicht einfach. Gegen 5 Uhr am frühen Morgen fuhr sein Zug schon von Essen los, um 10.15 Uhr trafen wir uns wie verabredet am S-Bahnhof Köllnische Heide, unserem heutigen Startpunkt. 

Waren vor allem die letzten beiden Tage aufgrund ihrer mauergeschichtlichen Bedeutung trotz aller Asphaltkilometer noch sehr kurzweilig, so sieht das heute schon etwas anders aus. Zu einem oft bedeckten Himmel, der oft mit einem Regenschauer droht, kommt eine doch recht eintönige Strecke. Das Kernstück dabei ist der kilometerlange Abschnitt, wo der Mauerweg, eingeschlossen zwischen Autobahn zur Linken und dem Teltowkanal zur Rechten, seine Bahn zieht. Doch der Teltowkanal war eben nun mal für viele Kilometer die Grenze. Viele haben versucht, den Kanal schwimmend zu überwinden, die meisten haben dies mit ihrem Leben bezahlt. An einer Art "Zubringer" zum Teltowkanal, dem Britzer Zweigkanal, stoßen wir z.b. auf den Gedenkort für Chris Gueffroy. Eine Stele erinnert an einen 20-jährigen, der im Februar 1989 gehört hatte, an der Mauer werde nicht mehr geschossen. Mit einem Freund wagte er deshalb die Flucht und wurde acht Monate vor dem Mauerfall zum letzten Opfer der Grenzsoldaten, die ihn mit gezielten Schüssen daran hinderten, nach West-Berlin zu schwimmen.

Dieter und ich haben in den letzten Tagen am Rand des Weges nun schon von den Schicksalen vieler Menschen gelesen, und die Informationen über Chris Gueffroy fügen wir im Geiste all den anderen hinzu. Wolfgang wird aber zum ersten Mal damit jetzt konfrontiert und ist erschüttert. Sind wir beiden anderen schon abgestumpft? Geht das Schicksal eines einzelnen unter, wenn es nur viele sind? Ich denke nicht. Jede dieser erzählten Fluchtgeschichten mit ihren meist schlimmen Folgen ist für uns unbegreiflich. 

Die letzten Kilometer hat Wolfgang erkennbare Probleme. Tja, aller (Wander-)Anfang ist schwer - und über Asphalt und bei eintöniger Streckenführung erst recht! Er - und eigentlich wir alle - sind froh, als der Wandertag nach (eigentlich gar nicht so langen) 18 Kilometern in Rudow, im Süden Berlins, zu Ende ist.

Der Tag hält aber noch eine gewaltige Überraschung für mich bereit. Als wir gerade im Landauer bei unserem ersten Bier an der Theke sitzen, kommt ein Paar zur Tür herein. Ich traue meinen Augen nicht, sie sehen aus wie Kerstin und Hans-Jürgen. ES SIND KERSTIN UND HANS-JÜRGEN. Ich fass es nicht! Über meinen Blog hatten wir uns im letzten Jahr kennengelernt und während ich bei meiner Rom-Wanderung in Bretten übernachtete, überraschten sie mich mit ihrem Besuch. Aus ihrer Heimat in der Pfalz kamen sie seinerzeit angereist. Im Verlauf von sechs Jahren hatten sie die Via Francigena von Canterbury bis Rom erpilgert, immer in Etappen. Immer wieder hatten sie mich auf meinem Blog besucht und mich motiviert durchzuhalten. Und jetzt stehen sie schon wieder vor mir! Sie wollen morgen in Berlin das Udo-Lindenberg-Musical besuchen und dachten sich, wenn wir schon mal in Berlin sind, könnten wir auch Reinhard wieder überraschen. Mit Hilfe meines Blogs und von Google (Adresse vom Landauer) haben sie mich tatsächlich gefunden. Ich bin einfach platt und den beiden für diese schöne Geste sehr dankbar. Christa stößt auch noch zu uns und es wird ein netter Abend.

Nachdem sich Kerstin und Hans-Jürgen zu ihrem Hotel in Schönefeld aufgemacht haben, trinken Wolfgang, Dieter und ich noch einen kleinen Absacker in unserem "Hotel Christa", einen vollmundigen Single Malt. Vielleicht waren es auch zwei...

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Kommentare: 1
  • #1

    Der Kronprinz (Samstag, 18 April 2015 19:03)

    Sehr schön!! Wolle lässt wieder seinen positiven Einfluss wirken!