Kleiner Papst

Stapelburg - Hornburg (32 km)


Nach dem gemeinsamen Frühstück und noch bevor mich Margriet und Heinz mit dem Wagen wieder nach Stapelburg fahren, mache ich von ihnen im Garten noch ein Erinnerungsfoto. Danke, ihr Beiden, ihr wart tolle Gastgeber. Genau dort, wo früher Zaun nebst Mauer verliefen, verlasse ich ihr Auto. Macht's gut, ihr Lieben, und bis bald mal wieder in Helpenstell!


Ein paar Meter von der alten Grenze entfernt steht das Grenzdenkmal: ein Granitfindling, auf dem sich zwei Figuren aus Bronze in einer geöffneten Mauer die Hände reichen. Genauso war es hier am 11. November 1989. Auf BRD-Seite der Grenze stand das "Deutschlandhaus". So nannten die Stapelburger das Haus auf der westlichen Seite. Reisebusse fuhren dort vor, und die Besucher aus dem Westen schauten von einem hohen Podest über die Mauer in den Osten. Heute erinnert nichts mehr daran. 


Ein kurzes Stück geht es hinter Stapelburg noch durch Wald an der Ecker entlang, dann verabschiede ich mich für heute von ihm. Es wird sehr ländlich. Fünf Mal wechsel ich heute Landesgrenzen: Sachsen-Anhalt - Niedersachsen - Sachsen-Anhalt ... Die Dörfer sind so dahingestreut, mit losen Ansammlungen von Anwesen, die einander nicht dicht auf die Pelle rücken, große Gärten drumherum, Bäume. 


Dahinten, am Ende der Felder: eine sanfte, langgestreckte Erhebung. Ein Bahndamm, die Strecke von Ilseburg nach Vienenburg. Davor werden einzelne Fremdkörper sichtbar. Umrisse wovon? Türme? Kontrolltürme? Bei Annäherung: Stahlplatten in schlichter Rechteckigkeit, schmale Scheiben. Weiter östlich: Stahlplatten in scheinbar unterschiedlichen Farben, Rosttöne? Entfaltet sich das Werk nur für die Zugreisenden? Der Wanderer nimmt wahr: eine Stahlplatte. Ist und bleibt eine Stahlplatte. 


Ganz in der Nähe kündigt sich eine schöne Rastmöglichkeit an, eine Ausflugsgaststätte. Schön draußen sitzen! Zwar weht noch ein recht frischer Wind, aber in der Sonne geht es. Aber bei der Gaststätte geht nix: "Mittwoch Ruhetag". Ich mach trotzdem meine Rast, setze mich an einen der Außentische und packe mein Proviant aus. Ein Kaffee wäre aber ganz nett gewesen. 


Wiedelah bleibt hinter mir, Wülperode, Göddeckenrode. Alles Orte, die heute wohl noch so aussehen wie damals. Auf Dorferneuerungsmaßnahmen wartet man entweder noch oder man will sie gar nicht. Genauso wenig wie die Schönheitskonkurrenz "Unser Dorf hat Zukunft". Grobes Kopfsteinpflaster ist bekanntlich die beste Verkehrsberuhigung. Wo alles etwas unterstützungsbedürftig aussieht, sind große Rosenstöcke links und recht der Haustür schon ein besonderer Blickfang.


Am frühen Nachmittag erreiche ich Hornburg. Niedersächsisches Fachwerk, kleine Gassen, gemütlich, nett. Was außer den Homburgern wohl niemand weiß (außer denen, die das gelesen haben): Der größte Homburger war Papst Nummer 147. Er war nur von Weihnachten 1046 bis Oktober 1047 Papst Clemens II. Dann wurde er auf Anregung des abgesetzten Vorgängers und vorübergehenden Nachfolgers Benedikt IX. vergiftet. Auf Schleichwegen wurde die Papstleiche heimlich über die Alpen geschmuggelt und im Bamberger Dom beerdigt. Dort befindet sich seitdem das einzige Papstgrab nördlich der Alpen. Das freut die Bamberger, deren Bischof Clemens mal war. Geboren aber ist er in Hornburg. Das freut die Homburger. Daher setzten sie 2005 zum 1000. Geburtstages ihres Clemens einen kleinen Bronzepapst vor die Kirche - vor die evangelische Kirche.


Mein Bett steht im "Hostel Hornburg", einem kleinen Fachwerkhaus, auf privater Basis im Nebenerwerb geführt, nur zwei Zimmer, pieksauber. Das Schönste am Haus aber: Hier sehe ich zum ersten Mal via Handy Fotos von meinem "frischen" Enkelsohn Neyo. Ein Leckerchen!




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